Herr Burghardt, das Interesse an Energieeinsparungen in den Anwendungen der Industrie ist groß. Welche Möglichkeiten sehen Sie im Bereich der Antriebstechnik?

Die Potentiale, die mit Hilfe der Antriebstechnik zu realisieren sind, sind enorm. Laut einer Studie der Europäischen Union benötigen von Elektromotoren betriebene Systeme etwa die Hälfte der in der Union erzeugten Energie. Um diese Potentiale zu heben, hat die EU durch entsprechende Verordnungen, beispielsweise der EU 2019/1781, bereits Motoren mit höheren Wirkungsgraden in vielen Bereichen verbindlich vorgeschrieben. Die Wirkungsgrade sind in sogenannte IE-Klassen eingeteilt, wobei IE für International Efficiency steht. Durch diese Maßnahme lassen sich ca. 10 % des gesamten Einsparpotenzials bei Antrieben realisieren.

Das Thema Energieeffizienz ist besonders mit dem Stichwort „Drehzahlregelung“ verbunden. Was können wir uns genau darunter vorstellen?

Eine sehr einfache Analogie stellt das Automobil dar. Stellen Sie sich vor, Sie haben nur eine feste Stellung des Gaspedals und die Regelung der Geschwindigkeit erfolgt über die Bremse. Das ist nicht effizient.

Ähnlich verhält es sich mit einem Elektromotor am Netz. Seine Drehzahl ist fest mit der vom Netz vorgegebenen Frequenz verbunden. Benötigt die Anwendung eine flexible Leistungsanpassung, kann dies über die Regelung der Drehzahl erfolgen und damit erheblich Energie sparen. Bei vielen Pumpen oder Lüftern mit quadratischem Moment bedeutet z.B. eine Reduzierung der Drehzahl um 20 % die Senkung des Energiebedarfs um fast 50 %. Bedenkt man jetzt noch, dass eine Drehzahlregelung bei mehr als zwei Drittel aller Anwendungen wirtschaftlich sinnvoll ist, ist das Einsparpotenzial deutlich erkennbar. Pauschal lässt sich sagen, dass Drehzahlregelung eine Einsparung von ca. 30 % des weltweiten energetischen Einsparpotenzials bei elektrischen Antrieben in der Industrie erschließt.

Die Anforderungen an nachhaltige und sichere Antriebslösungen für die Industrie steigen kontinuierlich. Wie können wir diesen begegnen?

Das größte Potential zur Energieeinsparung sowie für eine nachhaltige Produktion liegt in der Optimierung des Gesamtsystems. Dieses erfordert eine ganzheitliche Betrachtung und Analyse des Systems. Viele der Einsparpotentiale lassen sich mit ingenieurtechnischen Methoden und Erfahrung identifizieren. Zusätzlich geben uns heute die Digitalisierung und KI zahlreiche neue Möglichkeiten an die Hand. Durch die Erfassung und – teils automatisierte – Analyse von Daten über den gesamten Lebenszyklus lassen sich nicht nur effizientere Systeme designen und kontinuierlich optimieren. Sie erlauben auch eine umfassende Dokumentation des Produkts: welche Materialen wurden verbaut, wie war der CO2-Fußabdruck in der Lieferkette und wann muss die nächste Wartung stattfinden, um die maximale Lebensdauer des Produkts zu gewährleisten.

Bei Danfoss zeichnen Sie als Director Business Development Industrial Machinery verantwortlich. Welches Expertenwissen bringen Sie als assoziierter Partner in das Forschungsprojekt ein?

Als Motor- und Steuerungsunabhängiger Hersteller von Frequenzumrichtern sind wir in einem kontinuierlichen Austausch mit unseren Kunden, welche Technologien in Verbindung mit Industrie 4.0 und IoT heute oder in Zukunft einen Mehrwert bieten werden. So nutzt Danfoss die Möglichkeiten der Digitalisierung bereits lange aktiv in der Entwicklung und Produktion. Allerdings müssen wir mehr Geschwindigkeit für die praktische Umsetzung im Feld bekommen. Nur so wird es möglich, das Potential der mit Industrie 4.0 einhergehenden Transformation von Geschäftsmodellen und der Entstehung von industriellen Ökosystemen schneller zu nutzen und weiter auszubauen. Neben der technischen Expertise, unsere Produkte in die verschiedenen Steuerungssysteme einzubinden, unterstützen wir das Projekt aktiv mit unserer Marktnähe und vor allem der Bereitschaft, ein gemeinsames Ökosystem in der Antriebstechnik zu gestalten.

Herr Burghardt, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Über Danfoss Drives  

Danfoss Drives, ein Segment der globalen Danfoss Gruppe, ist einer der führenden Anbieter in der Entwicklung energieeffizienter Antriebslösungen, die den Energieverbrauch und CO2-Fußabdruck minimieren. Mit einem breiten Portfolio an Frequenzumrichtern, Softstartern und branchenspezifischen Lösungen bedient das Unternehmen vielfältige Anwendungen in vielen Industriezweigen und erneuerbaren Energien. Danfoss Drives setzt auf Innovation und intelligente Vernetzung, um den Herausforderungen von Industrie 4.0 und dem steigenden Bedarf an nachhaltigen Lösungen zu begegnen.

Daneben ist Danfoss Drives auch im Bereich erneuerbare Energien, Energiespeicherung und Hybrid-Lösungen mit innovativen Produkten vertreten. So beispielsweise mit Lösungen für optimierte Power-to-X sowie einfache und effiziente Integration von Batteriespeichern und regenerative Energieerzeugung in Stromnetze und Industrieanlagen. Zudem verfügt Danfoss Drives über umfangreiche Erfahrungen bei der Hybridisierung von Antrieben, beispielsweise in der Schifffahrt.